Zeichnen
ist das neue Schreiben

Mir hat Martin Schuster den Deckel vom Edding geschnippst, Danke dafür! Ich hatte, als ich 2002 an der HGB in die Buchkunst eingestiegen bin, den Zugang zu meinen Stiften verloren. Die Kopfarbeit, die nötig war, um konzeptionelles Denken zu lernen, hat wenig “Körperarbeit” neben sich geduldet. Ich kam aus einem zeichnerischen Grundstudium beim großen Rainer Schade und dem fantastischen Helmut Brade von der Burg Giebichenstein, Halle, dort habe ich “Sehen” gelernt. Direkt in die Fachklasse Typografie bei Günter Karl Bose. Mein Kommunikationsfluss wurde bei Bose intellektuell geschärft und umgeleitet: ich lernte “Denken”, wurde als Buchgestalterin immer Dienstleisterin für DIE Sache: Form folgt Inhalt.

Es ist viel im Wandel, Bose veröffentlichte schon 2013 das Buch das jetzt wie der Beipackzettel für die Buchbranche zu lesen ist:

https://www.wallstein-verlag.de/9783835313552-das-ende-einer-last.html

“Graphic Recording”, wie Tiziana Beck und Johanna Benz es machen @graphicrecording.cool: same, but different. Hat mich schon immer interessiert: Da ist ein Weg: Denken und zeichnen zu verbinden, das ist maximal erfüllend. Die Möglichkeit, mit einem Stift und ohne Weiteres, Gedanken zu Papier zu bringen, ist einmalig für mich, die ich sonst mit den vielen Schritten der Buchproduktion als Gestalterin (@grafikfiedlermeyer) und als Verlegerin eng in immer gleichen Abläufen eingebunden bin, eine zutiefst befriedigende Freiheit und mein unabhängiger Eskapsimus, dazu kein finanzieller Aufwand: ein Edding, ein Buch, thats it. Die Idee ist da und wird gezeichnet; unabhängig; nur der Inhalt ist entscheidend. Keep it simple, not stupid. Hier wird für mich der “Körper”, durch das BE-GREIFEN der Zeichnung: aus dem Körper, über den Arm, in die Hand, durch den Stift aufs Papier – wie beim Schreiben eines Textes – zum Ausgabemedium einer Konzeption.

Meine passende Lektüre des letztes Sommers war: “Christoph Türcke: Vom Kainszeichen zum genetischen Code”, Verlag C.H. Beck

https://www.chbeck.de/t%C3%BCrcke-vom-kainszeichen-genetischen-code/product/13067

Diesen Sommers war es: “Thomas Fuchs: Verteidigung des Menschen”, Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft.

https://www.suhrkamp.de/buch/thomas-fuchs-verteidigung-des-menschen-t-9783518299111

Aktuelle Tendenzen der “Ent-Körperung”, die durch die digitalen Werkzeuge und die damit neu entstehenden unbegrenzten Räume entstanden sind, werden nachvollziehbar beschrieben. Sein fundierter Text unterstützte meinen zeichnerischen Prozess und den Austausch mit Martin Schuster, der dann in einer Art “Storytelling” in Bildgeschichten aus zwei verschiedenen Perspektiven zur Form des Kalenders fand.

Im Sommer wurde ich dann gar zu einer Gruppenausstellung @offsiteshow, kuratiert und gemacht von Sophia Pietryga und Ronny Zillo, im Märchenwald auf Rügen, eingeladen. Was für eine Ehre. Togetherness u.a. mit der brillianten Stefanie Dost und cool guy Jirka Pfahl. Magic…

Es ist darüber hinaus ein neuer, aktuell digitaler, Raum entstanden: auf Instagram zu finden unter: @graphicbiases: “grafische Vorturteile”. Zeichnungen aus dem Kontext der kongnitiven Verzerrung: https://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Verzerrung

Meine Handschrift war immer schon unleserlich, ich schreibe zu langsam für meinen Gedankenfluss: oft eine Art Steno-Schriftbild, viele Versalien, oft selbst nicht mehr nachvollziehbar: Es fehlt die tägliche Übung. Meine Zeichnungen gehen mir dafür ganz einfach “von der Hand”: Der Fluss entsteht durch den Gebrauch: es ist offensichtlich: ich brauche die Handschrift im Alltag nicht mehr, ich tippe diesen Blog auf der Tastatur, dazu auch von Christoph Türcke wunderbare Ausführung zum “taktilen” Unterschied zwischen Tippen und Schreiben und was das im Gehirn bewirkt; in unserem ersten Gespräch zum Tag der Handschrift, 23.1.23 im Literaturhaus Halle.

Die Zeichnung hingegen entsteht während ich sie ausführe, ich muss sie sehen, um sie zu “sehen”. Vielleicht wird das mein persönlicher Schutzraum der Handschrift. Ich starte jetzt die 1-Satz-Challenge: ein schöner Satz am Tag bis zum 23.1.24. ich werde diesen in meiner Story auf @mmkoehnverlag posten.

Am 23.1.24 Tag-der-Handschrift, wird wieder ein Gespräch zur Handschrift in Literaturhaus Halle stattfinden, auf jeden Fall wieder mit Helmut Brade. https://literaturhaus-halle.de/

Die Aufzeichnungen aus dem ersten Gespräch werden in einer kleinen dokumentarischen Form den Prozess der Gespräche begleiten.

Wir haben zwei Kalender im Programm: 2-Wochen-Abreißkalender von Martin Schuster und Maria Meyer und Helmut Brades von Hand geschriebenen Gedichte, je 10,-

Jetzt zu kaufen, bei uns im Shop.

Scribble, Layout für Meyer Schuster Kalender
Helmut Brade, Kalender 24
Lektüre meines Sommers: Thomas Fuchs, Verteidigung des Menschen, Danke für den Tipp: Hans-Jörg Pochmann!!!
Johanna Benz @graphicrecording.cool
Mein Beitrag zu Gruppenaustellung: Caspar, @offsiteshow

Freiraum @graphicbiases, Motiv: Third Person Bias: Kognitive Verzerrung: man denkt, dass man weniger von medialem Einfluss betroffen ist, als die Anderen