Tag der Handschrift, Von der Hand ins Hirn: Helmut Brade, Christoph Türcke, Roman Wilhelm, Maria Magdalena Meyer im Literaturhaus Halle

Frage 1: MMM Wie wird die Zukunft ohne Handschrift aussehen?

Wir sprachen zusammen über den Verlust einer Elementarfähigkeit, und dass die Handschrift in hohem Maße gefährdet ist. Es ist eine von der Gesellschaft errungene Kulturleistung, die als selbstverständlich genommen ist und doch schon fast verschwunden ist. Der Verlust geschieht zu Beginn unmerklich: das Bild eines Pianisten, der nicht mehr übt: “Am ersten Tag merke ich es, am zweiten Tag merkt es meine Frau, am dritten Tag merkt es das Publikum.” (Christoph Türcke)

Mit der Hand zu schreiben ist ein dialektischer Prozess: mit der fließenden Motorik der Handschrift: auf die Spitze des Federhalters formuliert widmet man sich dem Akt des Schreibens, dabei wird die Buchstabenfolge mental auseindergelegt, während der Sinn gedanklich vorformuliert wird: es ist also zusammenführen und auseinander legen gleichzeitig: Dialektik.

Wenn alles aus einer Linie fliesst, werden die Sinne beim Schreiben über die Linie reflektiert.

Der Verlust der Handschrift ist ein “Diebstahl” an der Gesellschaft, an den Kindern, dieser Verlust wird durch den Früherwerb von Medienkompetenz ersetzt.

Alle die mit der Hand schreiben können sind durch diese Fähigkeit auf einem extrem hohen Niveau miteinander verbunden. Der Bildungsstand des Einzelnen mag unterschiedlich sein, aber Schrift und Sprache verbindet. Den Schatz des Schreibens (Gesamtheit des Schreiben) darf man nicht verlieren, der Verlust ist unumkehrbar. (Helmut Brade)

HAPTIK vs. Hacken / Tippen auf der Tastatur, das BE-greifen von Büchern, Tontafeln, Schreibgeräten ist umfassend – das Tippen nur taktil, das macht einen qualitativen Differenz im Gedächtnis, der Erinnerung. Auch die Tontafeln mit Keilschrift waren handtellergroße Objekte, die man BE-greifen konnte. (Roman Wilhelm)